//die monatliche Kolumne im Netz und nur auf diesen Seiten//

 

Der März 2009
Buddy Holly: "Peggy Sue"

Gleich, nachdem ich meinen Artikel über Buddy Holly zuende geschrieben hatte, holte ich mir in meinem Dachzimmer einen runter und dachte dabei an Kathrin Lohmeier. Am Vormittag hatte ich einen Brief von ihr bekommen, ich solle ihr endlich die zweihundert Mark zahlen, sonst drohen rechtliche Schritte und dann würde man weitersehen. Ich hatte ihr vor ein paar Monaten mal Rotwein über die Bluse gekippt, aber sie war nicht zu knacken, ich war ihr wohl zu alt. Meinen Lebensunterhalt verdiente ich als Schreiber für´s Ox und gelegentlich vertickte ich CDs, aber das reichte vorne und hinten nicht. Ihre Schwester hätte ich auch gerne gefickt, aber die ging mit dem Gitarristen von Dunstig, und die hatte ich mal in einer Plattenbesprechung stilvoll zersägt. Ob sie deswegen noch sauer war? Die Band hatte sich längst aufgelöst, der Gitarrist arbeitete anschließend in einem Call-Center. Da hätte ich sie ja eigentlich ruhig mal anrufen können, aber ich hatte ihre Nummer nicht. Ich hatte überhaupt keine Nummern von Frauen, doch, die von Jessica Zobel. Mit der bin ich mal zu Starlight Express gegangen und anschließend in ein teures Steakhouse, aber flachlegen durfte ich sie nicht. Es war Samstagabend. Schobel war krank, ich sprang für ihn ein. Für eine Nachtschicht gab es 34,50 Mark extra, das war eine Stange West, bis zum Arbeitsbeginn waren es aber noch zwei Stunden. Ich trank ein paar Bier im Finkenkrug, wo ich Denise Woczek wiedersah, zum ersten mal seit unserem Krößchen vor sieben Jahren, als sie noch mit Marek Subotta ging und eine Ananas-Frisur trug. Ich durfte sie damals zwar nicht küssen, aber sie ließ sich von mir lecken und machte dabei Geräusche wie ein Gibb-Brother, wahrscheinlich Robin. Denise sah mich auch, nickte mir kurz zu und verschwand mit einem Typen in den hinteren Raum. Ich ging zu Toilette und wichste mir einen, während ich mir Denise dabei vorstellte, wie sie sich selber leckt und so langsam bekam ich Hunger. Die Pommes nebenan bei Renate waren furchtbar, ich bestellte eine doppelte Currywurst. Besser kein Risiko, jetzt, wo alles so gut lief. Dann ging ich zur Arbeit. Volker war schon da, er teilte mit mir die Schicht und war ein BVB-Fan. Ich selber stand auf den MSV. Früher, als ich noch für Tuspo Huckingen gespielt hatte, waren Currywürste unerreichbar, so unerreichbar wie Marion, für die schon geschwärmt hatte, noch bevor ich mit ihrer Freundin Vera eine Nacht auf Gleis 4 des Hauptbahnhofs verbringen mußte, weil sie vergessen hatte, ihre Tabletten zu nehmen und Paranoia schob. Sie war der Meinung, der Dönerfritze unten in der Passage wäre ein Außerirdischer, und ich konnte ihr nicht das Gegenteil beweisen. Später in der Klinik sah ich sie wieder. Sie gehörte jetzt zum Personal. Wir spielten eine Partie Schach, darin war ich immer gut, und ich überlegte, ob sie sich von mir ficken lassen würde, wenn ich ihr sagte, daß ich jetzt für´s Ox schreibe und auch schon was für den Coolibri und das Intro gemacht hatte. Das Spiel endete Remis und ich erzählte ihr von meiner zweimonatlichen Kolumne, von meinem geplanten Roman, das würde sie sicher beeindrucken, damit hatte ich sogar Corinna Pahlmann fast schonmal rumgekriegt. Ich nahm mir ein paar Sekunden Zeit, dann fragte ich sie. Was hatte ich auch schon zu verlieren? Beim Rolling Stone würde ich sowieso nie landen und den Führerschein hatte ich auch noch auf Probe. Nö, sagte sie, ficken sei nicht drin, aber ich solle mal zu Barbara gehen, die würde einen suchen, der es ihr chinesisch macht. Ich war mir nicht sicher, ob ich dafür der Richtige war, auf der anderen Seite war das vielleicht mal wieder eine Gelegenheit. Die erste seit vier Jahren. Wenn es klappen würde, umso besser, und wenn nicht, könnte ich es auf die Medikamente schieben. Okay sagte ich, aber sie müsse den Kontakt herstellen. Ja, gut, mach ich, und zwei Tage später stand ich bei Barbara vor der Tür. Ich wunderte mich, daß auf ihrem Klingelschild kein Nachname stand und daß sie eine blaue Latzhose trug, als sie öffnete. Wir gingen in ihre Küche, erstmal Kaffee trinken. Also doch nicht Ficken? Sie sagte, daß sie zwei Katzen habe und ich erzählte ihr, daß ich an einem autobiografischen Roman auf assoziativer Basis arbeite. Sie mußte lachen. Dann ging sie ins Bad und als sie wiederkam, war ihr Gesicht mit einer hellbraunen Tunke eingeschmiert. Sie schnippte mir ein Kondom zu und legte Nat King Cole auf. Der Plattenspieler war nicht billig, allerdings blieb die Nadel immer an derselben Stelle hängen, das hatte man nun davon. Barbara fragte mich, ob ich schonmal eine Frau mit drei Brüsten gesehen hätte und ich bekam das dumpfe Gefühl, daß sich hier etwas ergeben könnte, was sich irgendwie noch in meiner März-Kolumne für´s Internet verwursten ließe. Ich war sowieso schon etwas spät dran diesmal, hatte statt selbst etwas zu schreiben das neue Buch von Wolfgang Welt gelesen und viel gewichst, Wolfgang und ich waren ja Leidgenossen. Ich überlegte sogar, selber was assoziatives, autobiografisches in seinem typischen oversexed ´n´underfucked-Stil zu schreiben, um Wolfgangs jüngst erschienenen Roman "Doris hilft" zu pushen, war mir aber nicht sicher, ob ich das tun sollte.
Mein Slip ist übrigens eßbar, Vanille-Kirsch, sagte Barbara, und ich dachte, scheiß drauf, ich mach´s einfach.

|| nach oben

------------------------------------------------------------------

 

Der Februar 2009
Kid Rock: "All Summer Long"

Und plötzlich scheint die Sonne, Mann, graue Glühbirne on top of everything, kommt kaum durch den Stangenregen, strengt sich aber an, you know. Karamba, das Know-How liefern sie den Chinesen, in fetten Legosteinen, kleinen Tütchen oder meinetwegen erst Samstag, Mann, ich hab echt keine Ahnung, wie mir die Abwrackprämie das Futter in die Jacke schlagen soll, ist ein Fall für den rosa Schweinekopf. Eine lange Hose ist besser, eine lange Hose mit Schuhen, Mann, am anderen Ende der beiden Suchscheinwerfer. Weit und breit nichts zu sehen von vierundsiebzig Badenixen. Könnte lustig werden beim Suchen. Natürlich kenne ich die Strecke, Mann, ist mein Wohnzimmer, Teppich aus Ameisen, Durchgangsverkehr, brummbrumm, aber keine Sorge, Mann, ich check das. Tagsüber, wenn die Vibrations stimmen, werfen die Bäume Schatten und alles ist im Flow, spring ich über ´ne Pfütze oder was? Logisch, daß ich weiter raus gehe, mein Meer ist aus Sand, obwohl sich meine Schritte wie Kaugummi ziehen und ich aussehe wie Rod Stewart auf dem Cover von "Atlantic Crossing", haha, mal eben von Europa nach Amerika steppen, echt witzig. Der Typ auffem Fahrrad ist noch keine fünfzig, blickt, nickt und schickt mir Pupillen aus seinem Beamer, die ich echt nicht brauchen kann, Mann. Darf nicht vergessen, sie bei Gelegenheit noch zu entsorgen, brauch jetzt erstmal ´ne Ladung Energie, geht klar, nehm einen Schluck aus der Flasche mit dem Schraubverschluss, coole Sache, Mann, kann ich wieder verschließen und in meine Jacke versenken, echt abgefahren. Komme gut voran mit meinen Hammerschuhen, ja, Mann, es läuft phantastisch. Wir brauchen mehr Suppe, Leute, und immer nur auf den Horizont achten, warte, ich nehm noch einen Schluck, muß echt ready sein für das große Panaroma. Und da ist es! Eine glatte Zehn für die Optik, die Weiden, die Felder, das Gras. Pferde, nicht das schlechteste auf ´ner Ranch. Im Sommer gibt´s ein Barbecue, jede Wette, die Lichterketten kann man an Stangen befestigen und Salate soll sich jeder selbst mitbringen. Auf der Veranda achtzehn Beine, Grandma´s Erdbeer-Sahne-Pie-Super-Torte und für jeden ´ne Flasche Southern Comfort. Alle sind 27 Jahre alt. Die Männer haben lange, lockige Haare und singen Swamp-Blues zu ´ner alten, rostigen Gitarre, in der nachts ein Ochsenfrosch wohnt. Die Frauen haben auch lange, lockige Haare und zeigen die strahlendsten Argumente für gesunde, amerikanische Zähne. Ihre blonden Mähnen duften nach Snickers, sie tragen Hot Pants und ihre Beine sind so lang wie Atom-U-Boote im Ärmelkanal.
"Hey, Mann, laß uns was von Jimmy Rodgers spielen" schlägt der Typ mit der Gitarre vor, während er mit versonnenem Blick in die untergehende Sonne blinzelt.
"Die Pferde, Joe, was ist mit den Pferden?"
"Ach, laß sie doch."
Dann lachen alle und stecken sich Zigarillos an. Mit dem Rauch verscheuchen sie die Grillen, mit dem Lagerfeuer vertreiben sie die Kälte und mit dem nächsten Song legt sich eine angenehme, warmherzige Stimmung auf die vom Feuerschein geröteten, flackernden Südstaaten-Wangen.
Ich stehe am Gatter und schaue zu. Und zwar oft. Zumindest im Winter.
Immer, wenn ich im Duisburger Süden, direkt an der Stadtgrenze zu Düsseldorf in Sweet Home Nordrhein-Westfalen, an Feldern vorbeiflaniere, denke ich an "Sweet Home Alabama" von LYNYRD SKYNYRD, sehe den musikalischen Haufen Gutmenschen fröhlich musizieren, schmecke drei pickende Sumpfgitarren und rieche den Duft verbrannter Holzkohle.
Und immer, wenn ich im Radio höre, wie Kid Rock in seinem Hit "All Summer Long" genau das gleiche tut, denke ich an Wurstpelle.
Vielleicht kommt es ja wirklich darauf an, daß sich die richtigen Leute an LYNYRD SKYNYRD erinnern. Unser neuer Wirtschaftsminister heißt übrigens Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg.

----------------------------------------------------------------

|| zurück zur aktuellen Kolumne

 

.