THE BARRACUDAS
DROP OUT WITH THE BARRACUDAS
(GB 1980)

Obwohl viele Leute behaupten, daß Fett immer oben schwimmt, war ich mir da nicht so sicher und ließ mir zur Sicherheit von so´ner Kuh das Kraulen beibringen. Ich war sechs, und sie einunddreißig. Und es war Sommer.
Im Nichtschwimmerbecken des Hallenbades planschten die Blagen der 2 a in ihrer eigenen Pisse, schnappten nach Luft und den Badehosen der Mädchen. Wie man im Wasser überlebt, lernte ich schnell. Wie ein Tampon mit Motor glitt ich über´s Wasser, saugte mich voll und ließ mich irgendwann wieder rausziehen. So wurde ich stolzer Besitzer eines Freischwimmer-Abzeichens und bereitete mich schonmal innerlich auf Karriere vor.
Wenig später machten die Beach Boys, die Ventures und Dick Dale mit ihrem weltberühmten Surf-Sound, der 1972 brandheiß auch nach Duisburg-Huckingen rüberschwappte, alles wieder kaputt. Schwimmen allein reichte plötzlich nicht mehr aus, um von Ute Kretschmer mit einem selbstgemalten Bild tiefste Empfindungen ausgedrückt zu bekommen - nun mußte es plötzlich auch noch eine eine Fuzz-Gitarre sein! Unvorstellbar, was man für eine Scheiße schreiben kann, trotzdem beschloß ich, mich mehr für Jungs zu interessieren, speziell für mich. Doch verdammt, die Zeiten hatten sich geändert.
Als mein Kinderpenis zum ersten mal Männchen machte, waren die Beach Boys längst abgesoffen. Ihr Zustand des Todes durch permanente Überwässerung hielt solange an, bis ein paar Jahre später frische, vom Punk inspirierte Feste-Proteste-Söhnchen den Surfsound aufgriffen und wieder Welle machten.
Unter ihnen natürlich die Barracudas mit ihrem Album Drop Out Undsoweiterundsofort von 1980. Benannt nach einem gefährlichen Fisch wurden sie bald bekannt wie heroinabhängige Blaumeisen und demzufolge mindestens so interessant wie viele Tiere überhaupt.
Man kann es auch mal so sehen: Die Barracudas aus England waren einfach eine gute Gruppe und alles andere als die Graupen, die der Deutsche nicht nur dann favorisiert, wenn er besoffen ist.
Die Karriere der Barracudas verlief wie die Karriere der meisten guten Bands.
Mangels Moppen lösten sie sich auf. Ich weiß, das klingt konfus, weil der Mittelteil fehlt, aber ich bin jetzt schon total erregt und sauer darüber. Los, haltet mich zurück! Sonst piss ich in die Tinte! "Würden Sie Bahrakudass hören, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre?" fragte ich rund hundert Prozent der Befragten. Gut 30 Prozent von 6 sind fast 2,2 Wahnsinnsalben in einer langen Karriere von 6 insgesamt, drei im Sinn, von denen vier -ich sag das jetzt mal einfach so- auch noch ganz gut sind, aber zwei sind auch zwei (2) Herzen, die sich gefunden haben in der Hitze der Nacht, damals im besetzten Kölner Mauwall bei fünf (5) Grad unter Null (Berti Vogts). Wir spielten dort in jener Nacht mit unserer kleinen Rock´n´Rollgruppe ein begeisterndes, völkerverbindendes Wohltätigkeitskonzert zugunsten von "Benzin für Bus e.V.", als mir meine Herzensdame zum ersten mal negativ auffiel. In jener Nacht konnte ich mir sogar Arroganz leisten, denn immerhin trug ich ein mundgemaltes Barracudas-Shirt auf der Bühne spazieren und sie nur eins vom Volksfraß Ramones.
Sie kam an, machte große Augen und redete nur Scheiße. Seitdem sind wir zusammen und lieben uns. Eine Woche später, Februar 91, gingen wir besoffen in die Disco, aber was heißt Disco? Dort lief nur Punkmusik und ich überlegte, ob man mit einer Frau zu If The Kids Are United Blues tanzen sollte. Dann begann Mona, so heißt die Schnalle, mir plötzlich in´s Ohr zu singen. Es war, wie sie mir später erzählte, I Want My Woody Back von den Barracudas. Sie bekam dafür ein Küßchen und die Barracudas zogen sich seitdem wie ein roter Faden durch gute Tage, schlechte Tage. Völlig klar, daß ich den Haufen wenigstens einmal in meinem Leben live sehen mußte!
Zum Tempel auserkoren wurde die Krefelder KuFa, ein solider Laden mit vernünftigen Bierpreisen. Ich freute mir ´ne Öffnung in den Arsch und soff wie ein Loch. Vor dem Konzert war ich hacke, bei dem Gig war ich voll und auf dem Rückweg besoffen. Dann überfuhren wir die Rheinbrücke in Ruhrort. Das Auto: Volle Fahrt. Ich: Rücksitz. Das Lied: Vom Tod. Ich wollte tatsächlich während der Fahrt aussteigen, weil ich dachte, i wär allderweil dohoim. Tür auf, Bein raus, doch dann der lebensrettende Griff an meine schäbige Jacke, ein dezenter Rüffel, der bedeuten sollte: Jetzt nicht, Meister! Das war nicht Elvis, das war Silke Brembt, die mich in das Reich der Untoten zurückzog. Wo ich übrigens heute noch lebe und ab und an ein paar Leute mit meinem Gesicht erschrecke.
Dabei war das Konzert gar nicht mal so übel. Zum Sterben bestand nicht die leiseste Veranlassung. Die Band spielte sich durch ihre charismatischen Songs aus der Mean Time-Phase und brachte erst zum Schluß zwei Surf-Nummern von ihrer erfolgreichsten LP Drop Out With Du schon wieder.
Darüber will ich heute schreiben. Auf dem Cover, das Ihr hier abgebildet seht, brechen Monster-Castor-Behälter in eine Tierversuchs-Klinik ein, streichen die Tiere lila an und überweisen die Kaffeekasse von Dr. Dussel nach Pampelmusensen. Ganz schön kritisch auch die Lieder. Summer Fun, I Wish It Could Be 1965 Again und His Last Summer sprechen nicht nur Bände, nein, sie singen sie. Jeremy Gluck, der Sänger des Quartetts, ist übrigens ein Freund von Nikki Sudden, während ich zum Beispiel ein Freund von Bockwurst bin. Jeremy Gluck ist auch ein hervorragender Name für einen Trinker, aber -das ist ja die Scheiße an diesem Staat- die Trinker hier heißen alle Wilfried oder Horst. "Robin, Wills Du´n Brot mit Wurst" - juchheißa, man kann ja so herrliche Späße mit Namen treiben, aber Robin Wills war auch mal bei den Flamin´ Groovies und da sei Gott vor. So, let´s talk about Sex.
Für mich spricht eindeutig, daß ich die Platte schon lange habe, während sich andere erst noch ihren Ruhm erkaufen müssen. Das hat auch überhaupt nichts mit dem Alter zu tun oder so. Ich würde eher sagen: Gesunde Ernährung. Gesunde Ernährung, gesunde Gedanken - so heißt es ja wohl. Oh Mann! Mir fällt grad mal wieder auf, wie super ich mal draufgewesen war, früher. Davon zehre ich heute noch. Immer noch kommen Leute zu mir und sagen "wau, du bist doch der Typ mit der Barracudas-Platte?" und ich sag dann immer "genau, der mit dem Freischwimmer-Abzeichen" und dann sagen die "boh, ey!" und dann sag ich, daß ich auch im Stehen pissen kann und dann sagen die garnichts mehr und zeigen auf mich, als ob ich nach Tofu stinken würde oder nach alter Oma. Tu ich aber gar nicht. Hoffe ich zumindest.
Ich rieche gut, kann immer noch nicht surfen und Ute Kretschmer kalbt längst ohne mich. Ich wette, die olle Gewitterziege kennt die Platte nicht einmal! Pah! Mütterpack! Wenn das meine wär, au au au! Zum Glück gibt es Buchstaben. Leute, die etwas von seltenen Exemplaren aus dem Rockmusik-Wildpark erfahren wollen, lesen die dann. Information ist alles. Nährwertpower. Sollten also nach diesem Artikel, was ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, noch irgendwelche Fragen zur Bandgeschichte, zur Musik oder deren Inhalt auftauchen, schicken Sie mir bitte einen frankierten Umschlag mit zwei Euro für Futter. Danke.

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