KING USZNIEWICZ AND HIS USZNIEWICZTONES
DOIN´ THE WOO HOO
(USA 1975-77)

Die Erschaffung fröhlicher Popmusik ist ein ernstes Geschäft.
Der King, von dem ich hier spreche, wußte das am besten und setzte daher wirklich alle Hebel in Bewegung, um als Musiker Karriere zu machen und sich eine gewisse Reputation zu erarbeiten. Das Problem an der Sache war nur er selbst.
Uszniewicz war ein häßlicher Amerikaner, der weder singen noch Saxophon spielen konnte, beides aber mit Hingabe tat. Begleitet wurde er von den Uszniewicztones, einer grottenschlechten, aber ambitionierten Kirmes-Kapelle mit einer starken Abneigung gegen Timing und Wohlklang. Oder nett formuliert: Das Zusammenspiel der 9-köpfigen musikalischen Kriegserklärung war in höchstem Maße gewöhnungsbedürftig. Und doch barg es sowohl zahllose magische Momente, als auch überraschende Klangkaskaden und undurchsichtige, musikalische Transaktionen.
Und wenn er auch ein miserabler Musiker war - als gut frisierter Visionär setzte der Mann mit der Hornbrille Duftmarken, die man heute noch riecht.
Am beeindruckendsten war sicher sein enormes Talent zur Zerstörung. Jeden noch so brillanten, noch so simplen und noch so heiligen Popsong kloppten sie locker kaputt, er, der King Uszniewicz und seine Gang, die Uszniewicztones. Als gelernte Handwerker gingen sie systematisch vor: Sie hingen den Song einfach an einen Haken und zerlegten ihn anschließend in Einzelteile wie Gitarrensolo, Schlagzeug-Break und sowas ähnliches wie einem Refrain in der stillen Hoffnung, alles würde in der Summe wieder zu einem harmonisches Gesamtbild verschmelzen.
Leider ging der tolle Plan nicht auf. Das, was am Ende bei diesen tapferen Gesellen herauskam, glich eher einem stotternden Motor, den man zwar selber repariert hatte, von dem am Ende aber noch siebzig Teile übrig waren. So geriet jeder Titel zu diffusem Baumarkt-Rock, dem man deutlich anhört, daß er nicht mehr alle Latten auf´m Zaun hat.
Ein handelsüblicher Uszniewicz geht in etwa so:
Das Schlagzeug einigt sich nach zwei, drei Takten auf einen Beat, der sogleich mit einem Wirbel feierlich begrüßt wird. Dadurch kommen Gitarristen und Bassist aus dem Timing, schladdeln hinterher und wenn sie den Drummer endlich eingeholt haben, wird dieser wieder langsamer oder setzt seltsame Synkopen überall da hin, wo sie garantiert jeden stören. Inzwischen hat der King höchstselbst angefangen, mit einem Stimmumfang von einem Viertelton ein paar Silben zu gröhlen und wird dabei tatkräftig von einem Backing-Chor unterstützt, der diesen Namen auch verdient. Ich schätze, es sind so zehn, elf Mann, die gegeneinander antreten und sich alle Mühe geben, möglichst viele verschiedene Tonarten, Betonungen und Einsätze gleichzeitig zu schreien. Meist gewinnt der lauteste, dem die anderen dann im zweiten Akt ehrfürchtig hinterherhoppeln.
Grazil auch die Wortwahl der messerscharfen Gesangssätze: Wawawawawawa uuuuuuuuu ööööööö wawawawak. Es erinnert schon ein wenig an Muppet-Show, wären da nicht die drogengeschwängerten Solo-Eskapaden des Gitarristen, der zwar mit der Hand mehr Töne kann als der King mit dem Mund, aber trotzdem keinen trifft.
Doch all das ist noch gar nichts im Vergleich zu dem Saxophon, das selbstverständlich Chefsache ist und dementsprechend starke Akzente setzt. Meist quäkt es von Anfang an mit (sponsored by einem sozialen Mehrspur-Studio) und trötet irgendwelche albernen Tonfolgen mit einer Penetranz, bei der man schon mal an Mord denkt. Zwangsläufig mündet jedes saxophonische Säbbelrassen des King irgendwann in ein Solo, das man so in dieser Form sicher noch nie zuvor gehört hat. Musiker wissen: So kann nur einer spielen, der gerade ganz starken Durchfall hat.
Grasten seine beiden Frühwerke Twistin´ And Bowlin´ und Teenage Dance Party noch mit debiler Adoleszenz die 60er Jahre nach verwertbaren Leichenteilen ab, so versprüht Doin´ The Woo Hoo die pure Lebenslust von Leuten, die es satt haben, im Keller zu leben. Auf dieser Platte geben King und Hofstaat alles, damit sich der Hörer eine Meinung bilden kann.
Denkt dieser dann zum Beispiel an einen klangewordenen Scheidenkrampf, stimmt die Richtung. Wer die Nerven hat, hört den Jungs gebannt zu, was sie aus Do Wah Diddy Diddy, Crocodile Rock, Love Letters In The Sand, From Me To You, Kung Fu Fighting oder Satisfaction machen, nämlich Kleinholz.
Kein schlechtes Mittel, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Auf die Idee, daß die Jungs vielleicht absichtlich falsch spielen, kommt sowieso keiner.

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