THE DEVIL DOGS
THE DEVIL DOGS
(USA 1989)

Jesus, Hitler, Stan Libuda - jede Zeit hatte ihre Stars und manchmal kamen wirklich merkwürdige Sachen dabei heraus.
Ende 89 war es nicht mehr auszuhalten. Ich hatte keine Lust mehr auf Starruhm und ging für ein paar Jahre zu den Punkern. Es hieß, Stars und Idole seien dort unerwünscht, aber natürlich gab es sie auch bei den Kaputten. Die Götter der frühen Neunziger Jahre hießen Devil Dogs und brachten uns den Glauben an den Rock´n´Roll zurück. Nächtelang wurde gebetet. Das legendäre Hamburger Lifestyle-Fanzine Stay Wild kreierte ihnen zu Ehren sogar einen Satz, der so weise und universell war, daß er zu jedem Anlaß paßte: "Is´ ja schön und gut, aber mach´ mal Devil Dogs!"
Tausendmal am Tag konnte einem dieser Spruch gute Dienste erweisen, ohne daß die anderen denken mußten, man wäre ein Arsch.
Hatte jemand Boxhamsters auf der Kassette oder
litt man an Erektionsproblemen oder
ging einem der Thekennachbar mit seinem Gelaber auf den Sack - ein Wink mit dem Zaunpfahl und das Leben war wieder schön.
Da traf es sich ganz gut, daß uns die drei New Yorker im Herbst 93 mal besuchen kamen. Wir taten, was Männer manchmal tun müssen: Mit zwei kaputten Autos fuhren wir nach Enger an der weissrussischen Landesgrenze. Kaum, daß wir den Laden betreten hatten, fielen einige von uns mit Fußballgesängen und Busentests an wildfremden Frauen unangenehm auf. Was mochte in diesen Leuten vorgehen? Was hatte sie aus der Bahn geworfen? Ich versuchte, mich in die Psyche zu setzen und verbrannte mir den Arsch. Ein seltsamer Menschenschlag, dieser Ruhrpottproll. Anstatt einfach nur glücklich sein Bier zu trinken, rotzt er es anderen Leuten in die Fresse und wundert sich dann noch lauthals, wo denn, verdammt noch mal, die Erektion bleibt.
Nach einer Zeit gingen mir die genervten Gesichter der Eingeborenen auf den Sack und wir schoben ab in den Backstageraum, um mit den Devil Dogs mal ein ernstes Wörtchen zu reden. Der Raum roch nach Männern, die seit acht Wochen auf Tour sind. Die drei wilden, aber gut gekleideten Höllenhunde standen cool in der Ecke rum und wurden von Frank Herbst mit den Worten "Fuck MSV! The only one is RWO" erstmal über sportliche Prioritäten aufgeklärt. So richtig über Fußball reden konnte man mit ihnen aber nicht, da sie keine Meinung hatten. Ihnen ging es mehr um´s Ficken, sagten sie, angeblich sei sogar jeder ihrer Songs voll von Stilblüten aus Vulgarien. Nehmen wir mal Suck The Dog, ein Lied über ein sensibles Thema, das mit flotter Zunge nach einer weiteren Erörterung lechzte. Da aus dem lockeren Gespräch ohnehin schon längst ein verbissenes Interview geworden war, setzte ich mein Theologiegesicht auf und fragte:
Nehmen wir mal Suck The Dog! Könnt Ihr mir sagen, was ich falsch gemacht habe? Das letzte mal, als ich einen Hund gesaugt habe, hat er mich gebissen.
Was natürlich an Witzigkeit nicht mehr zu überbieten war.
Die Devil Dogs aber fühlten sich wohl leicht veralbert und knurrten nur "wenn Du hingehst und Deinen Mund über einen Hundepimmel stülpst und das Vieh Dich dann beißt, brauchst Du Dich nicht zu wundern", stiegen kurz darauf auf die Bühne und knatterten mit grimmiger (New Yorker) Attitude ihre Fetzer herunter. Kam jemand aus dem Volk zu nah an den Bühnenrand, bekam er vom Gitarristen Andy Gortler mit einem Tritt in die Fresse eine bleibende Erinnerung verpaßt. Mir ging das arrogante, machohafte Gehabe der nichtsdestotrotz famosen Tanzkapelle gegen die Natur und ich ging nach ´ner halben Stunde raus. Mir fiel eine alte chinesische Weisheit ein: Wer ficken will, muß freundlich sein.
Die anschließende Heimfahrt dann wurde zum Paradebeispiel für eine alte Geschichte, die man nicht mehr aufwärmen sollte. Während Wagen 1 wie geplant, wenn auch ohne Licht, zurück nach Duisburg zuckelte, hatte die Belegschaft der zweiten Karre plötzlich ein Problem. Die Fahrerin, auf die man sich verlassen hatte, war nämlich a) akut besoffen und b) verknallt in den Drummer. Ganz offensichtlich flog Amors Pfeil auf Kollisionskurs, da in diesem Augenblick eine Übersee-Romanze begann, die mehrere Monate andauerte. Wir bekamen sogar eines Tages ´ne Postkarte von der rosaroten Wolke 7, abgestempelt in New York. So kann´s gehen, wenn man sich nicht für Fußball interessiert.
Und so stehen die Devil Dogs für Rock´n´Roll wie Supertramp für Magengeschwür.
Ihr gleichnamiges Debut von 89 war zum Glück eine Platte und kein Video. Die 16 Songs garantieren auch heute noch den Spaß, der entsteht, wenn man die Energie des Punkrock mit der Eleganz des Rock´n´Roll kreuzt. Das Trio machte dreieinhalb knuffige LPs, bis irgendwann der Arsch ab war und man von den eigenen Kollegen vom Crypt-Label rechts überholt wurde. Dudelte dann ´ne alte Kassette im Auto wohlgemeinte Devil Dogs, hieß es plötzlich "is´ ja schön und gut, aber mach mal Nine Pound Hammer!"

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